Die Schweiz diskutiert das Transparenzregister: Bankgeheimnis versus Anti-Money Laundering
Die Schweiz hat ein historisch starkes Bankgeheimnis, welches die Offenlegung von Finanzinformationen erschwert. Die Einführung eines nationalen Transparenzregisters über die wirtschaftlichen Berechtigten von Unternehmen traf daher bei vergangenen Einführungsversuchen auf schweren Widerstand und hat eine Einführung bisher immer verhindert.
Jedoch fällt es der Schweiz in den letzten Jahren immer schwerer ihre Position gegenüber ihren EU-Wirtschaftspartnern zu rechtfertigen – vor allem auch durch die internationale Sanktionspolitik nach dem Ausbruch des Ukraine -Kriegs: Russische Bankkunden transferieren vermehrt (als Folge des Ausschlusses russischer Banken aus dem internationalen SWIFT-Zahlungssystem) Gelder auf Briefkastenfirmen und andere Scheinfirmen, um Sanktionen zu umgehen.
Die Schlupflöcher im Sanktionssystem der Schweiz werden zwar schon seit langem kritisiert, doch nun sieht es so aus, als ob der internationale Druck, die Bemühungen zur Geldwäscheprävention zu verschärfen, einen kritischen Punkt erreicht hat.
Auch die Zeit spielt gegen die Schweiz: Alle EU-Staaten haben bereits ein behördliches Register über wirtschaftliche Berechtigte eingeführt, die USA wollen es 2024 tun. In wenigen Jahren dürfte eine Mehrheit aller Länder ein Transparenzregister haben. Diese werden auch bereits aktiv von den dortigen Behörden genutzt – Dank des unkomplizierten Zugangs können Ermittler bereits im strafrechtlichen Vorverfahren einfach Verdachtsmomente abklären. In der Schweiz hingegen müssen Staatsanwälte bisher an die betreffenden Gesellschaften herantreten, da bei nicht börsennotierten Unternehmen die Informationen zum wirtschaftlichen Berechtigten nur auf Gesellschaftsebene verfügbar sind. Die internen Register, die Schweizer Unternehmen gemäß dem Obligationenrecht bereits führen müssen, sind ebenfalls unzureichend. Die Unternehmen sind nicht verpflichtet, die Angaben ihrer Aktionäre und Teilhaber zu überprüfen, und die Informationen sind selbst für die Behörden nur schwer zugänglich. Zudem gelten diese Regelungen hauptsächlich für Aktiengesellschaften und GmbHs, während andere Rechtsträger wie Vereine und Stiftungen nicht erfasst sind.
Angesichts dieser Problematik und dem stetig wachsenden politischen Druck hat sich die Schweiz nun also dazu bereit erklärt, ein nationales Register über die wirtschaftlichen Berechtigten von Unternehmen und Stiftungen einzuführen. Die Idee dahinter ist kurzgefasst, dass Staatsanwälte durch einen schnellen Zugriff auf Informationen darüber, wer die Kontrolle über welche Firma ausübt, ihre Verfahren beschleunigen können. Ein solches Register könnte so unter anderem bei der Suche nach Vermögenswerten helfen, die von sanktionierten Russen versteckt werden.
Anfang September hat die Schweizer Landesregierung die Gesetzesänderung zur Schaffung dieses nationalen Transparenzregisters in die Vernehmlassung geschickt. Das vorgeschlagene Register, das den Zugang für Behörden und Finanzintermediäre, jedoch nicht für die Öffentlichkeit und Journalisten vorsieht, könnte ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Die Schweiz steht vor der Herausforderung sicherzustellen, dass sie ihre internationale Reputation als vertrauenswürdiger und integrer Finanzplatz aufrechterhält und mit dem Register tatsächlich ein funktionierendes Instrument zur Bekämpfung von Finanzkriminalität schafft.
Quellen:
https://www.nzz.ch/schweiz/kampf-gegen-geldwaescherei-bundesrat-stellt-transparenz-register-vor-ld.1753912?reduced=true
https://www.nzz.ch/schweiz/strengere-regeln-fuer-anwaelte-doch-das-berufsgeheimnis-bleibt-ld.1753907
https://www.handelsblatt.com/politik/international/geldwaesche-schweiz-will-anwaelte-bei-geldwaesche-staerker-in-die-pflicht-nehmen/29363328.html?nlayer=Newsticker_1985586&utm_source=headtopics&utm_medium=news&utm_campaign=2023-08-30
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/wie-die-schweiz-gegen-geldwaesche-schaerfer-vorgehen-will-19138905.html
https://www.nzz.ch/wirtschaft/der-bundesrat-will-ein-transparenzregister-einfuehren-damit-koennte-auch-die-suche-nach-versteckten-vermoegen-von-sanktionierten-russen-einfacher-werden-ld.1750755