Was steckt hinter dem Luxemburger „Schlafkontengesetz“?
In Luxemburg wurde am 30.März 2022 die Gesetzesänderung der Bill of Law No. 7348 (The bill) zu ruhenden Konten, inaktiven Schließfächern und nicht beanspruchten Versicherungsverträge, das sogenannte Schlafkontengesetz verabschiedet. Das Schlafkontengesetz legt den Rahmen für inaktive Konten, Schließfächer und nachrichtenlose Lebensversicherungsverträge fest. Bei inaktiven Konten handelt es sich um Konten, auf denen seit längerer Zeit keine Kontobewegungen oder Nachrichten verzeichnet wurden. CURENTIS beschreibt die Hintergründe des Gesetzes und vergleicht die Situation in Luxemburg und Deutschland.
Die Stadien einer Inaktivität lassen sich folgendermaßen erläutern. Nach einer Inaktivität von 3 Jahren bei Konten oder 5 Jahren bei Schließfächern, setzt das kontoführende Institut den Inhaber von der inaktiven Nutzung des Kontos in Kenntnis und teilt ihm die daraus resultierenden Folgen mit. Der Inhaber kann sich jederzeit beim kontoführenden Institut melden, um das Konto wieder zu aktivieren. Sollte der Inhaber des Kontos sich innerhalb von 6 Jahren nicht beim führenden Institut melden, bekommt ein Konto oder Schließfach den Status eines inaktiven Kontos. Nach 9 Jahren setzt das kontoführende Institut den Kunden erneut davon in Kenntnis, dass sein Konto inaktiv ist. 10 Jahre nach der letzten Nachricht oder Kontobewegung des Kontoinhabers, muss das Konto vom führenden Institut die Hinterlegung der Vermögenswerte bei der staatlichen Hinterlegungskasse beantragen. Die Übermittlung erfolgt über den Online-Auftritt des Luxemburgischen Finanzministeriums myguichet.lu.
Das Gesetz wurde eingeführt, damit die Kontoführenden Maßnahmen einführen, um Konten zu identifizieren, die inaktiv sind und Regeln für die Suche nach den Informationen der Begünstigten festzulegen. Mithilfe der Gesetzeseinführung wurden zudem zusätzliche Meldepflichten festgelegt, die dazu verpflichten, der Aufsichtskommission des Finanzsektors in Hinblick auf (1) Die Gesamtzahl der Inhaber inaktiver Konten und Schließfächer zu informieren, als auch (2) über den Gesamtsaldo der inaktiven Konten zum 31. Dezember eines jeden Jahres in Kenntnis zu setzen. Die Informationen sind der Aufsichtskommission bis zum 28. Februar des Folgejahres elektronisch zu übermitteln.
Zudem sind Versicherungsunternehmen dazu verpflichtet, die Zahlbarkeit von Versicherungsleistungen stetig zu überwachen.
Für Versicherungsunternehmen sind dem Kommissariat der Versicherungen
- Die Anzahl der als aufgegebenen geltenden Versicherungsverträge als auch
- Der Gesamtwert der Versicherungsverträge zu übermitteln.
Die Gesetzeseinführung des Schlafkontengesetzes verbessert den Schutz der Inhaber von Konten und Schließfächern sowie der Begünstigten von Versicherungspolicen, denn es sorgt dafür, dass ihnen der Zugriff auf ihre zustehenden Vermögenswerte erleichtert wird. Das Gesetz regelt außerdem die Einführung besonderer Maßnahmen für die Informationsbeschaffung und Suche nach Inhabern dieser Konten und sorgt für eine kontinuierliche Aktualisierung der Informationen über deren Geschäftsbeziehungen. Abhängig von der Höhe des Guthabens auf den „ruhenden“ Konten, sind die Kreditinstitute dazu verpflichtet, in bestimmten Zeitabständen (drei, sechs und neun Jahren und wie zuvor oben im Text bereits erwähnt) spezifische Maßnahmen zu ergreifen, um Kontakt zum betroffenen Kontoinhaber wieder herstellen zu können.
Diese aufwendige Prozedur wird viele Kreditinstitute vor Herausforderungen stellen. Denn die Erlassung des Gesetzes verlangt von den Banken Informationsbeschaffung in mehreren Bereichen. Die Kreditinstitute müssen sich teilweise neue Prozesse überlegen, um an die Informationen zu gelangen. Beispielsweise stellt sich die Frage: Wie kommen sie an die Informationen, wer ein mögliches Vermögen erbt? Banken müssen sich also mit den Behörden auseinandersetzen, um mögliche Erbnachfolger ermitteln zu können. Darüber hinaus müssen die IT- Systeme so eingestellt sein, dass die entsprechende Inaktivität auch kontinuierlich angezeigt wird.
Luxemburg im Vergleich mit Deutschland
In Deutschland gibt es laut §1922 des BGBs kein Ablaufdatum für Konten. Das bedeutet, dass Konten bei Banken und Kreditinstituten ewig weitergeführt werden. Daueraufträge sowie Kontoführungsgebühren werden, wenn es keiner bemerkt oder meldet weiterhin von den Konten abgebucht. Daher sind Banken und Kreditinstitute in Deutschland nicht dazu verpflichtet, ruhende Konten zu melden. Es ist allerdings festgelegt, dass nach 30 Jahren die Gewinne der von der Bank übernommenen Konten an den Staat versteuert werden müssen. In Paragraph 1936 des BGBs ist festgelegt, dass das Bundesland, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehatte, den Steuergewinn erhält. Sollte dieser nicht feststellbar sein, erbt die Bundesrepublik Deutschland das Vermögen.
Resümee: wo liegen die Vorteile für wen?
In Deutschland liegen die Vorteile klar bei den Banken und bei den Ländern. Meldet sich der Kontoinhaber nicht oder fühlt sich niemand für das Konto verantwortlich, werden dort permanent Kontoführungsgebühren und festgelegte Aufträge abgebucht. Zwar müssen die Banken und Kreditinstitute die Gelder nach 30 Jahren versteuern, doch bis dahin können sie die Kosten geltend machen. Sie sind nicht verpflichtet nachrichtenlose und ruhende Konten zu melden. Diese Form der Gesetzeslegung geht zu Lasten möglicher Erbnehmer.