NFTs – State of the Art der Geldwäsche?
CURENTIS betrachtet den Hintergrund des Hypes um NFTs (Non-Fungible Token) in der Kunstszene und bewertet ihn aus AML-Sicht.
Über viele Jahre hinweg war der Kunstmarkt aus regulatorischer Sicht ein blinder Fleck. Anonymität und Diskretion in Bezug auf Informationen über Käufer und Verkäufer von Kunst- und Kulturgütern sowie die schlussendlich erzielten Preisen für ebendiese waren lange Zeit Ethos der Kunstbranche. Erstaunlicherweise fand diese lange Zeit nur wenig Beachtung durch die Aufsichtsbehörden.
Mit der letzten Änderung des Geldwäschegesetzes indes, wurden auch Kunsthändler formell zur Wahrung einer angemessenen und gesetzeskonformen Geldwäscheprävention verpflichtet. Dieser Umstand und die sich aktuell erweiternden Sanktionslisten tragen bislang dazu bei, dass sich insbesondere renommierte Kunsthändler und Auktionshäuser in den letzten Monaten in Zurückhaltung übten, wie schon lange nicht mehr.
Die Frage, ob sich in diesem Zuge das Geldwäscherisiko auf dem Kunstmarkt minimiert hat, kann dabei nur schwer beantwortet werden. Gleichzeitig hat sich mit dem großen Erfolg der NFTs – so genannten Non-Fungible Token, zu Deutsch „nicht austauschbarer Token“ – ein völlig neues Spielfeld für Geldwäscher ergeben.
Der NFT – Der neue Token der Geldwäscher
NFTs (Non-Fungible Token) sind per Definition kryptografisch eindeutige, unteilbare, unersetzbare und überprüfbare Token, welche einen bestimmten Gegenstand, sei er digitaler oder physischer Natur, in einer Blockchain widerspiegelt.
Somit handelt es sich bei einem NFT grundsätzlich um einen Token, welcher als eine Art Besitzurkunde für ein z.B. digitales oder reales Kunstwerk stehen kann.
Aufgrund seines Aufbaus, welcher auf der Blockchain-Technologie basiert und somit ebenfalls dezentral abgebildet und gesichert wird, sind NFTs gerade innerhalb der Krypto-Community ein beliebtes Spekulationsobjekt geworden. Zudem erfreut sich dieser neue Markt gleichermaßen auch großer Beliebtheit von Künstlern und Kunstsammlern, welche gerade wegen der letzten Jahre unter den Umständen der Corona-Pandemie schwer leiden mussten und so ihrer Leidenschaft auf eine vollkommen neue Art und Weise nachkommen können.
Allerdings hat auch dieser Trend seine Schattenseiten, denn Geldwäscher machen sich dieses neue System der Vermögenswerte zu Nutze.
Das allein mit NFT-basierten Smart Contracts bis Ende 2021 erreichte Handelsvolumen beträgt etwas mehr als 44 Milliarden US$. Diese Smart Contracts basieren häufig auf der Kryptowährung Ethereum und sind fest mit NFT-Marktplätzen und Sammlungen verbunden.
Worin liegt jetzt aus AML-Sicht das Risiko? Das Analyseteam von Chainanalysis (chainalysis.com, Stand 29.06.2022) hat sich die Trades etwas genauer angesehen.
Dabei konnten eindeutige Hinweise auf eine der einfachsten Formen von Geldwäsche gefunden werden, dem so genannten „Wash-Trade“.
Bei Wash-Trades dreht es sich darum, Vermögenswerte wertvoller erscheinen zu lassen, als sie es tatsächlich sind. Dabei werden diese Vermögenswerte immer wieder in kurzen Abständen zu immer höheren Preisen verkauft, um den Wert des Gegenstandes am Ende hin als legitim erachten zu lassen.
Gerade im internationalen Kunstmarkt, welcher eine hohe Eigendynamik aufweist und wo die Preisfindung eher aus emotionalen und kunsthistorischen Ursprüngen entsteht, fügt sich der NFT-Markt perfekt ein. Durch seine eigene Komplexität bietet er dabei einen geeigneten Nährboden für die Wash-Trades der Geldwäscher, welche somit über eine Verkettung von Transaktionen und Preismanipulationen Ihr Geld zu legitimieren versuchen.
Doch wie genau funktioniert ein NFT-Wash-Trade?
Bei einem NFT-Wash-Trade erwirbt eine natürliche Person oder z.B. eine Offshore-Gesellschaft für einen vergleichsweise geringen Preis ein digitales Kunstwerk bzw. dessen Besitznachweis, welcher durch den Token erbracht wird. Das Geld für diesen Kauf stammt aus einer legalen Quelle und wurde zuvor in eine gängige Kryptowährung umgetauscht.
Im nächsten Schritt wird dieser Token mehrere Male zu immer höheren Preisen an Drittpersonen oder weitere Offshore-Gesellschaften verkauft und somit ein steter Wertzuwachs herbeigeführt. Wie Chainanalysis herausfinden konnte, geschieht dies bis zu 25-mal, ehe ein Token den Wert erreicht hat, um mit Geld aus illegalen Straftaten diesen Token ein weiteres Mal an sich oder einen Dritten zu verkaufen, um dieses Geld als Gewinn aus dem Verkauf des NFT deklarieren zu können und in einer beliebigen Währung zu verfügen, ohne das Risiko einer Beanstandung durch die Bank einzugehen.
Wie kann man dem NFT-Trade-Washing entgegentreten?
Der Hype um NFTs macht es den Geldwäschern aktuell recht einfach, ihre Transaktionen unentdeckt unter den abertausenden von Krypto-Transaktionen der Spekulanten und Kunstfans abzuwickeln. Die Basis für eine konsequente Bekämpfung der Geldwäsche müssen in diesem Fall eindeutig die NFT-Broker und Krypto-Börsen schaffen. Das hierbei grundsätzliche Problem ist, dass viele dieser Plattformen nicht reguliert werden oder zum Teil nicht der Kryptowertetransferverordnung und europaweiten AML-Gesetzen und -Standards unterliegen.
Nur durch einen einwandfreien KYC-Prozess und das Durchführen eines Monitorings zu den Handelsintervallen und -volumina der einzelnen NFTs kann diese Form der Geldwäsche nachhaltig bekämpft werden und sowohl Gesellschaft als auch explizit Kunstliebhaber vor Schäden bewahren.
Zum Autor: Kevin Hoops ist seit 2019 Consultant der CURENTIS AG und verfügt über umfangreiche Projekterfahrung im internationalen Bankenumfeld. Er hat sich hierbei auf die Bereiche AML & Compliance spezialisiert.
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