London, die Hauptstadt der Geldwäsche?
Die Financial Times hat einen Bericht veröffentlicht, in dem analysiert wird, wie London zur Hauptstadt der Geldwäsche geworden ist. CURENTIS fasst den FT-Bericht zusammen und bewertet ihn entlang der vier Phasen der Geldwäsche
London steht seit vielen Jahren in der Kritik, nicht ausreichend konsequent gegen Geldwäsche vorzugehen und hat sich den Ruf der weltweiten Hauptstadt der Geldwäsche erworben. Aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine wurde zuletzt ein besonderes Augenmerk auf die Finanzaktivitäten russischer Oligarchen in London gelegt.
In einer aktuellen Untersuchung der Financial Times wird berichtet, dass 31 Anwaltskanzleien, 86 Banken und 177 Bildungseinrichtungen in Großbritannien schmutziges Geld aus der ganzen Welt angenommen und nach London transferiert haben. Die Untersuchung ergänzt, dass an der Londoner Börse viele russische Unternehmen gelistet sind, die das Vereinigte Königreich und London zu ihrer europäischen Basis gemacht haben.
Im Wesentlichen unterteilt sich Geldwäsche in vier Phasen:
- Plazierung
- Verschleierung
- Integration und
- Verteidigung.
In der Platzierungsphase wird „schmutziges Geld“ in ein rechtmäßiges Finanzsystem geschleust. Hier wird das Geld z. B. von einem Bankkonto auf den Kaimaninseln in eine britische Briefkastenfirma transferiert. In dieser ersten Phase kann das Problem der Geldwäsche nur wirkungsvoll bekämpft werden, wenn Transparenz über die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer der jeweiligen Firma besteht. Genau an dieser Stelle gilt das britische System als besonders geldwäscherfreundlich. Ein Unternehmen kann sich für umgerechnet 10 EUR bei dem britischen Firmenregister „Companies House“ eintragen lassen und innerhalb weniger Minuten ein scheinbar rechtmäßiges britisches Unternehmen gründen. Die Identität der wahren wirtschaftlichen Eigentümer kann dabei durch falsche Namen oder sogenannte „Strohmänner“ leicht verheimlicht werden. Doch damit nicht genug – die bei Companies House eingetragenen Informationen der Firmen werden von niemanden überprüft. Das ermöglicht kriminellen Geldwäschern problemlos Scheingesellschaften zu eröffnen und dort ihr schmutziges Geld zu parken.
In der Verschleierungsphase wird dem Bericht der Financial Times zufolge, das Geld in einer Reihe komplizierter Finanztransaktionen verschoben, um die tatsächliche Quelle des Geldes zu verbergen. Die zweite Phase erfolgt mit Hilfe verschiedener Institutionen wie britischen Banken und oft laufen diese Transaktionen über einige britische Überseegebiete wie den British Virgin Islands.
In der Integrationsphase geht es darum, Vermögen in das britische System zu integrieren. Geldwäscher wollen Vermögenswerte kaufen, einschließlich britischer Immobilien. In dieser Phase sind vor allem Anwälte und Immobilienmakler zentrale Schlüsselfiguren und ebnen den Geldwäschern häufig das Tor in das legale Wirtschaftssystem Großbritanniens. Aus dem Bericht der Financial Times geht hervor, dass man Immobilien im Vereinigten Königreich über eine Briefkastenfirma besitzen kann, ohne anzugeben, wem die Immobilie wirklich gehört.
Es wird mit großer Spannung erwartet, welche Schritte die Regierung als nächstes unternehmen wird, insbesondere im Hinblick auf den Economic Criminal Act. Ein Gesetz, das im Rahmen der Reaktion der Regierung auf den Ukraine-Konflikt im Eilverfahren verabschiedet wurde, wird erhebliche und langfristige Auswirkungen auf die Verfolgung von Finanzkriminalität und Sanktionen im Vereinigten Königreich haben. Die drei wichtigsten Änderungen durch dieses Gesetz sind:
- Einrichtung eines öffentlichen Registers über die wirtschaftlichen Eigentümer ausländischer Unternehmen, die im Vereinigten Königreich Immobilien oder Grundstücke besitzen;
- die Stärkung des Systems der „Unexplained Wealth Order“ und
- Änderung des Verfahrens zur Benennung von Personen und Einrichtungen als Ziel von Sanktionen und Stärkung der Durchsetzung von sanktionsbezogenen Straftaten.
Trotz der neuen Gesetze wird es für die britische Regierung eine große Herausforderung sein, gegen Geldwäscher vorzugehen, deren hochentwickelten Eigentumsstrukturen oft über Briefkastenfirmen laufen. Ein wichtiges Augenmerk sollte auch auf die Strafverfolgungsbehörden gelegt werden, da sie bei der Durchsetzung von Gesetzen eine wichtige Rolle spielen. Nachdem die britische Regierung viele Jahre lang zu wenig gegen Geldwäsche unternommen hat, wird es aus Sicht von CURENTIS mehrerer Reformen in verschiedenen Bereichen bedürfen, um den Zufluss schmutzigen Geldes zu stoppen.