CSDDD verschoben, Nachhaltigkeit vertagt? Warum Unternehmen jetzt handeln müssen!
Die jüngste Entscheidung, die Anwendung zentraler EU-Nachhaltigkeitsregeln – u.a. der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) oder der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)– um ein Jahr auf 2028 zu verschieben, wirft grundlegende Fragen für Unternehmen auf. Statt Planungssicherheit und stabilen Rahmenbedingungen für Investitionen in nachhaltige Bestrebungen erleben Unternehmen wachsende regulatorische Unsicherheit. Gleichzeitig zeigt die US-Politik eine zunehmende Abkehr von ESG-Regelungen. Welche Risiken bergen solche Verzögerungen – und wie wirken sich diese auf Unternehmen aus, die frühzeitig in Nachhaltigkeit investieren?
In den vergangenen Jahren hat die Europäische Union eine Vielzahl an regulatorischen Initiativen auf den Weg gebracht, um Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen – insbesondere im Bereich Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz entlang globaler Lieferketten. Gesetze wie die CSDDD und die CSRD sollten klare Regeln schaffen, unter welchen Bedingungen wirtschaftliches Handeln in einer nachhaltigen und sozialen Welt stattfinden kann. Sie zielen darauf ab, Nachhaltigkeit zu einer verbindlichen unternehmerischen Pflicht zu machen und klare Haftungs- und Berichtspflichten zu setzen. Doch mittlerweile zeigt sich ein anderes Bild: Der politische Wille, diese Transformation mit Nachdruck voranzutreiben, ist ins Wanken geraten.
Als Beispiel des politischen Zögerns kann die Entwicklung der CSDDD herangezogen werden. Sie sollte ab 2027 gelten, jedoch wurde ihr Anwendungsbeginn offiziell auf 2028 verschoben. Gleichzeitig wurden die Anforderungen deutlich abgeschwächt: Der Kreis betroffener Unternehmen wurde reduziert, die Verantwortung auf direkte Zulieferer beschränkt und zentrale Haftungsregelungen in letzter Minute verwässert oder ganz gestrichen.
Diese Entwicklungen stehen nicht isoliert im europäischen Kontext. Vor allem in den USA hat sich zuletzt starker Gegenwind entwickelt. Diese internationale Dynamik sorgt für Rückwirkungen auf europäische Entscheidungsprozesse: Die Sorge vor Wettbewerbsnachteilen und einem
Investitionsrückgang führen dazu, dass zentrale Nachhaltigkeitsinitiativen zunehmend infrage gestellt werden.
Für Unternehmen hat die anhaltende Unsicherheit in der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung eine wachsende strategische Herausforderung zur Folge. Die Verschiebung und Verwässerung zentraler Richtlinien führen dazu, dass sich Investitionsentscheidungen in nachhaltige Projekte nur schwer kalkulieren lassen. Wer frühzeitig auf Nachhaltigkeit gesetzt hat, investierte häufig in der Annahme, sich damit nicht nur zukunftssicher, sondern auch gesetzeskonform aufzustellen. Wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen dann kurzfristig verändert oder gar aufgeweicht werden, geraten genau diese Unternehmen ins Hintertreffen –finanziell, strategisch und im Wettbewerb.
Darüber hinaus führt die zunehmende Unklarheit zu erheblichen operativen und rechtlichen Risiken. Die Vereinheitlichung bei Sorgfaltspflichten und Berichtspflichten weichen immer stärker einer nationalstaatlichen Fragmentierung. Das erhöht den administrativen Aufwand und erschwert es Unternehmen – insbesondere mit internationalen Wertschöpfungsketten – verlässliche und einheitliche Compliance-Strukturen aufzubauen. In der Folge entstehen nicht nur Kosten, sondern auch Reputationsrisiken, insbesondere gegenüber Investoren, Geschäftspartnern und kritischer Öffentlichkeit, die weiterhin hohe Erwartungen an unternehmerische Verantwortung stellen.
Die Verschiebung zentraler Nachhaltigkeitsregulierungen wie der CSDDD schafft keine Erleichterung, sondern verstärkt die Unsicherheit. Unternehmen, die frühzeitig in Verantwortung investieren, geraten dadurch zunehmend ins strategische Risiko – während diejenigen, die abwarten, kurzfristig sogar im Vorteil scheinen. Doch gerade jetzt braucht es Klarheit, Orientierung und mutige Entscheidungen.
Gerade jetzt zeigt sich, welche Unternehmen es mit Nachhaltigkeit wirklich ernst meinen: Wer auch unter unsicheren politischen Rahmenbedingungen weiter investiert, auditiert und berichtet, beweist echten Willen zu verantwortungsvollem Wirtschaften und setzt sich vom Wettbewerb ab. Was spricht dafür auch in dieser Phase weiter in Nachhaltigkeit zu investieren?
- Unternehmen mit klaren, freiwilligen Nachhaltigkeitsstandards und Initiativen werden glaubwürdiger für Investoren, Geschäftspartner und die kritische Öffentlichkeit.
- Wer jetzt mutige Entscheidungen trifft und in ESG-Prozesse investiert, kann durch glaubhafte Verantwortung einen strategischen Vorteil sichern – unabhängig von verschobenen Fristen und verwässerten Vorgaben.
- Die Fragmentierung und Unsicherheit in der Regulierung machen Orientierung und Corporate Governance unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten noch dringlicher: Proaktive Unternehmen werden sich langfristig als verlässlich und zukunftsfähig positionieren.
Als erfahrene Experten für Nachhaltigkeitsregulierung, Risikomanagement und Meldewesen unterstützt die CURENTIS AG Unternehmen dabei, trotz politischer Unsicherheiten strategisch handlungsfähig zu bleiben. Die Verschiebung der CSDDD ändert nichts an der Relevanz nachhaltiger Unternehmensführung – sie macht klare Orientierung sogar noch dringlicher.
Wir analysieren Ihre individuelle Risikolage, identifizieren Handlungsfelder und entwickeln gemeinsam mit Ihnen passgenaue Lösungen zur Integration von ESG-Anforderungen in Ihre Prozesse. So wird Nachhaltigkeit zu einem echten Wettbewerbsvorteil – nicht zu einem Risiko.
Zum Autor:
Artur Kehrein ist seit 2022 Senior Consultant der CURENTIS AG. Er verfügt über langjährige Erfahrungen im Bereich Risikomanagement und Meldewesen. Darüber hinaus hat er sich auf Sustainable/Green Finance spezialisiert.