Ergebnisse des Klimastresstest: EZB will Banken durch den grünen Wandel führen
Die EZB hat am Freitag, den 08. Juli, die langerwarteten Ergebnisse zum diesjährigen Klimastresstest veröffentlicht. Bei diesem Stresstest wurden die Finanzinstitute im ersten Quartal 2022 auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel geprüft. CURENTIS fasst für Sie in einem ersten Artikel die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
In den folgenden Wochen werden wir die Ergebnisse im Detail analysieren und Ihnen in einer Artikelserie detailliert erläutern.
Der EZB Klimastresstest ist ein wichtiger Bestandteil des allgemeinen Klimafahrplans der EZB. Inhaltlich teilte sich der Stresstest in drei verschiedene Module auf:
- einem qualitativen Fragebogen
- einer Umfangreichen Datenbereitstellung in Hinblick auf kohlenstoffintensive Wirtschaftszweige und
- dem Herzstück, der Szenarioanalyse.
Des Weiteren sollten Best Practice Ansätze gesammelt und analysiert werden. Der Fokus lag dabei verstärkt auf Erkenntnisgewinnen und nicht auf der Bewertung und Regulierung der Kapitalausstattung der verschiedenen Institute. (Weitere Informationen zum Klimastresstest finden Sie hier (Link: https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2022/html/ssm.pr220708~565c38d18a.en.html).) Der Stresstest umfasste insgesamt 104 Kreditinstitute, wobei sich der Bottom-up-Stresstest im dritten Modul aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf 41 direkt beaufsichtigte Banken konzentriert hat.
Die Kern-Erkenntnisse sind dabei wenig überraschend und bestätigen die allgemein vorherrschende Meinung zu dem Thema Nachhaltigkeit in Banken. Zwar waren die Banken in der Lage neue und umfassende Informationen im Bezug auf den Klimawandel und den damit einhergehenden Risiken darzulegen, dennoch fehlt es an einem widerstandsfähigen Rahmen. Der Großteil der Banken ist nicht ausreichend robust aufgestellt und auch die Datenlage ist, trotz Verbesserung, noch ungenügend für eine detaillierte Betrachtung. Außerdem wurde bestätigt, dass Finanzinstitute bei einem geordneten Übergang in eine kohlenstoffarme Wirtschaft geringere Verluste zu Verzeichnen haben als bei einem ungeordneten Übergang, bei dem politische Maßnahme erst verspätet eingeführt und umgesetzt werden.
Bei einem ungeordneten Übergang wurden finanzielle Verluste als Folge von physischen Risiken (Klimakatastrophen) auf Basis der Szenarioanalyse in Höhe von 70 Mrd. € für die 41 Finanzinstitute ermittelt. Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen kleinen Teil der tatsächlichen Verluste, da viele Aspekte nur im Ansatz oder gar nicht betrachtet wurden: Aufgrund der frühen Phase waren nur sehr wenige Daten verfügbar, die Prognosen der Banken umfassten die Klimarisiken nur im Ansatz, wirtschaftliche Abschwünge und Zweitrundeneffekte wurden nicht berücksichtigt und die erfassten Risikopositionen stellen nur ca. 1/3 aller Risikopositionen dar. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Verluste in der Realität um ein Vielfaches höher ausfallen werden.
Als nächste Schritte erwartet die EZB nun eine Verstärkung der Messung und Steuerung der Klimarisiken, sowie das Schließen von Datenlücken und die Anwendung anerkannter Verfahren und Best Practices, die sich aus dem Klimastresstest ergaben. Frank Elderson, stellvertretender Vorsitzende des Aufsichtsgremiums, sieht in dieser Übung einen entscheidenden Meilenstein zur Stärkung der Widerstandskraft des Finanzsystems gegenüber Klimarisiken und erwartet ebenfalls die Umsetzung konsequenter Maßnahmen. Außerdem erwartet er kurz- bis mittelfristig die Schaffung eines robusten Rahmens für klimabezogene Stresstests.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die EZB entschlossen ist Banken durch den grünen Wandel zu führen und dass sie auf inner- und außereuropäische Zusammenarbeit setzt. Die gesammelten Erkenntnisse werden in weiterführende aufsichtsrechtliche Tätigkeiten einfließen, wie z.B. dem „Thematic review on climaterelated and environmental risks, 2022“. Hierbei handelt es sich um den Themenkomplex der Einbeziehung der Klima- und Umweltrisiken in die eigene Governance, Strategienentwicklung und das Risikomanagement (Link: https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/speeches/date/2022/html/ssm.sp220218_annex~1f075839e6.de.pdf?9ed894f94f59a338cb8994d2c587abdf).
Zum Autor: Philipp Ehren ist seit 2021 Senior Consultant der CURENTIS AG. Er verfügt über mehrjährige Erfahrungen aus der Projektarbeit im Risikomanagement mit dem Schwerpunkt auf IT-Anwendungen. Darüber hinaus hat er sich auf Sustainable/Green Finance spezialisiert.