BGH-Urteil: Notarielle Beglaubigung reicht nicht aus für die Identifizierung im KYC-Prozess
Auf der Grundlage eines Gerichtsstreits über mehrere Instanzen hat der Bundesgerichtshof im letzten Jahr das Urteil gefällt, dass bei der Identifizierung nach dem Geldwäschegesetz notarielle Beglaubigungen nicht den Anforderungen genügen. CURENTIS betrachtet die Auswirkungen für die Geldwäscheverpflichteten.
Der Fall
Ein gerichtlich bestellter Nachlasspfleger verlangte bei einer Bank die Auszahlung eines Bankguthabens des Erblassers auf ein Treuhandkonto der Erbengemeinschaft. Hierfür übersendete der Nachlasspfleger die Bestallungsurkunde und die notariell beglaubigte Kopie des Personalausweises. Die Bank verweigerte die Auszahlung mit Hinweis auf § 10. Abs. 9 GwG und bat um Vorlage des Personalausweises in einer Filiale. Der Fall ging durch alle Instanzen bis zum BGH.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof entschied, dass notariell beglaubigte Kopien nicht ausreichend sind für die Identifizierung jeglicher natürlichen Personen bei der Erfüllung der Sorgfaltspflicht nach GwG. Die Begründung für den Richterspruch liegt darin, dass Notare die Angaben auf einen Personalausweis mit denen auf der Kopie vergleichen aber nicht die Identifizierung der jeweiligen Person vornehmen. Mit der Novellierung des GWGs ist im Juni 2017 die Möglichkeit von Kopien bei der Identitätsüberprüfung entfallen. Nach Paragraph 13 sieht das Geldwäschegesetz auch technische Möglichkeiten der Identitätsprüfung vor, aber diese müssen ein mit einer Vor-Ort-Prüfung gleichwertiges Sicherheitsniveaus aufweisen. Eine notarielle Beglaubigung ist nach BGH kein gleichwertiges Verfahren nach § 13. Abs. 1 Nr. 1.
Die Herausforderung
Für die Geldwäscheverpflichteten bedeutet das Urteil, das Geschäftsprozesse überprüft und ggf. angepasst werden müssen. Für die Verpflichteten aus dem Nichtfinanzsektor bringt es erheblichen Mehraufwand mit sich, da dort für die Kundenidentifizierung überwiegend keine Nutzung von Post-Ident-Verfahren oder Videolegitimierung stattfindet. Auch im Finanzsektor ist die Videolegitimierung aufgrund der damit verbunden Mehrkosten und notwendigen Erweiterungen der IT-Infrastruktur nicht flächendeckend verbreitet. Die aktuelle Pandemie erschwert Vor-Ort-Prüfung und ausländische Vertragspartner haben zum Teil nicht die Möglichkeit das Post-Ident-Verfahren zu nutzen, wodurch wiederum die Auslagerung an Drittanbieter von Identifizierungen in den Fokus rückt.
Im Kern ist das Urteil eine Konkretisierung einer offenen Frage hinsichtlich der Erfüllung der Due Diligence Anforderungen bei natürlichen Personen. Es stellt gleichzeitig eine weiter Herausforderung für die Verpflichteten da, ihre Prozess GwG-konform zu gestalten.
BGH Urt. V. 20. April 2021 – XI ZR 511/19
Zur Autorin: Romina Stuhrmann ist seit 2021 Consultant der CURENTIS AG und verfügt über umfangreiche Projekterfahrung aus Großbanken: Sie hat sich auf den Bereich Know-Your-Costumer (KYC) spezialisiert.